Warum ist es nötig, möglichst genau zu übersetzen?

Den Grund dafür finden wird im Brief an Titus:

…der sich an die Lehre des zuverlässigen Wortes hält, damit er imstande sei, sowohl in der Belehrung, der gesunden, zuzureden als auch die, die widersprechen, zu überführen.

Brief des Apostel Paulus an Titus, Kapitel 1, Vers 9

Durch die Vielzahl der Übersetzungen, und wir alle sind auf eine Übersetzung angewiesen, könnte man geneigt sein, einen Text zu wählen, der vom Wortlaut her angenehm und für uns passend scheint. Dabei läuft man aber Gefahr, eine Aussage der Schrift dem Sinn nach zu verändern. Um das Problem anzuzeigen, betrachten wir zunächst einen Text des Evangeliums aus dem zweiten Johannesbrief.

ὅτι πολλοὶ πλάνοι εἰσῆλθον εἰς τὸν κόσµον, οἱ µὴ ὁµολογοῦντες Ἰησοῦν Χριστὸν ἐρχόµενον ἐν σαρκί· οὗτός ἐστιν ὁπλάνος καὶ ὁ ἀντίχριστος.

Weil viele Verführer in die Welt hineinkamen, die nicht zugeben, dass Jesus CHRISTUS im Fleisch kommt; dieser ist der Verführer und der Antichristus.

Zweiter Brief des Johannes, Vers 7

Vom allgemeinen Verständnis der Schrift ausgegangen, könnte man geneigt sein zu glauben, durch das, was man gelernt hat, beziehe sich Johannes hier auf die Menschwerdung Jesu Christi. Die Aussage des Johannes in diesem Textbeispiel bezieht sich aber auf das, was kommen wird. Die Offenbarung redet zum Beispiel davon:

Johannes den sieben Gemeinden, die in Asia sind: Gnade euch und Friede von dem, der ist und der war und von dem, der kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind, und von Jesus CHRISTUS, der Zeuge, der treue, der Erstgeborene von den Toten her und der Fürst der Könige der Erde. Dem, der uns liebte und uns von unseren Sünden wusch in seinem Blut;

Offenbarung, Kapitel 1, Vers 4 – 5

Im altgriechischen Grundtext des zweiten Brief des Johannes, Vers 7, steht das Wort »ἐρχόµενον«, gesprochen »erchomenon«. Um das Problem zu verstehen ist es nötig, die Grammatik des altgriechischen Wortes genau zu beachten, denn keine andere Sprache ist besser geeignet, die Regel der Grammatik genau einzuhalten, und darum geht es.

»ἐρχόµενον« steht hier als Partizip Präsens Passiv; Präsens darf auf keinen Fall durch die Vergangenheit ersetzt werden! Die Formen müssen unbedingt beibehalten werden. Das ist nicht von der jeweiligen Sprache abhängig, auch nicht von der Auffassung des Übersetzers, sondern von der Aussage des Grundtextes. »Kommen« kann im Deutschen nicht im Präsens Passiv ausgedrückt werden und wird dann als »kommend« übersetzt, also nur im Präsens. Der Text lautet dann: »Jesus Christus im Fleisch kommend«. Das Partizip wird mit »dass« aufgelöst und es ergibt dann: »…, dass Jesus Christus im Fleisch kommt;«

Wenn wir hier übersetzen würden »der im Fleisch gekommen ist«, stände es in der Perfekt Form; das aber wäre eine vollendete Vergangenheit, also das, was geschehen ist und nicht das, was noch kommt. Allen Gläubigen ist völlig klar, dass Jesus Christus wahrer Mensch geworden ist; aber dass er auch in dieser Gestalt so wiederkommt, bedarf einer Bestätigung vom Wort Gottes her, weil das eben nicht so klar ist. Und genau das ist es, was Gott uns mithilfe des Johannes hier sagen will. Jesus Christus wird bei seiner Wiederkunft im Fleisch kommen, ob wir uns das vorstellen können oder nicht.

Das Wort Gottes zeigt uns den auferstandenen Jesus Christus, wie er im Fleisch war! Wir lesen im 1. Korintherbrief:

Und es gibt himmlische Körper und irdische Körper; aber eine andere ist ja die Herrlichkeit der himmlischen, anders aber die derirdischen.

Erster Brief des Apostel Paulus an die Korinther, Kapitel 15, Vers 40

Das können wir aber nicht auf den Leib des Herrn Jesus beziehen, der die Verwesung nicht gesehen hat, wie es ja in den Psalmen, Kapitel 16, Vers 10 steht.

Dann lesen wir im Lukasevangelium:

Während sie aber dies redeten, trat Jesus selbst in ihre Mitte und sagt zu ihnen: Friede euch!  Als sie sich aber ängstigten und furchtsam wurden, meinten sie, einen Geist zu sehen. Und er sprach zu ihnen: Was kommt ihr außer Fassung, und warum steigen Überlegungen in euren Herzen auf? Seht meine Hände und meine Füße, dass ich es selbst bin! Betastet mich und seht, dass ein Geist nicht Fleisch und Knochen hat, so wie ihr mich seht, dass ich habe! Und nachdem er dies gesprochen hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Füße. Da sie aber vor Freude noch immer nicht glaubten und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr etwas Essbares hier? Da reichten sie ihm ein Stück gebratenen Fisch dar und auch von einer Honigwabe,  und als er es genommen hatte, aß er vor ihnen.

Evangelium durch Lukas, Kapitel 24, Vers 36 – 43

Sie dachten, er sei ein Geist, denn die Türen waren verschlossen. Wie konnte er denn plötzlich in ihre Mitte treten? Wie auch immer, aber wir sehen, er konnte es! Er konnte auch auf dem Wasser gehen. Im Römerbrief lesen wir:

Wir wurden also mit der Taufe mit ihm begraben in den Tod hinein, damit gerade wie CHRISTUS von Toten her auferweckt wurde in der Herrlichkeit des Vaters, so würden auch wir in Neuheit des Lebens umherwandeln

Brief des Apostel Paulus an die Römer, Kapitel 6, Vers 4

Er wurde in der Herrlichkeit des Vaters auferweckt, aber mit Fleisch und Knochen und nicht verklärt, wie auf dem heiligen Berg Tabor! Auch Thomas, der so viel mit dem Herrn erlebt hatte, konnte nicht glauben, dass ein Gekreuzigter, dem man mit der Lanze die Seite öffnete, sodass Wasser und Blut herauskamen, lebendig werden kann.

Wir lesen im Johannesevangelium:

Die anderen Schüler sagten nun zu ihm: Wir haben den HERRN gesehen! Der aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen das Mal der Nägel sähe und meinen Finger in das Mal der Nägel legen würde und meine Hand in seine Seite legen würde, werde ich gewiss nicht glauben! Und nach acht Tagen waren seine Schüler wieder drinnen und Thomas unter ihnen. Jesus kommt bei verschlossenen Türen und trat in die Mitte und sprach: Friede euch! Darauf sagt er zu Thomas: Führe deinen Finger hierher und sieh meine Hände und führe deine Hand und lege sie in meine Seite, und sei nicht untreu, sondern treu! Da antwortete Thomas und sprach zu ihm: Mein HERR und mein GOTT! Er wollte nicht nur sehen, er wollte sogar fühlen, um nicht getäuscht zu werden. Deshalb forderte der Herr ihn genau dazu auf.

Evangelium durch Johannes, Kapitel 20, Vers 25 – 28

Das ist der Grund, warum wir eine genaue Übersetzung benötigen, weil wir uns nur auf das Wort des  Herrn verlassen können, auf sonst gar nichts, denn wir verstehen nicht alles. Paulus drückt es im 1. Korintherbrief so aus:

Denn wir sehen jetzt mithilfe eines Spiegels, im Rätsel, dann aber von Angesicht zu Angesicht; jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich genau erkennen, wie auch ich genau erkannt wurde.

Erster Brief des Apostel Paulus an die Korinther, Kapitel 13, Vers 12

Nach der Auferstehung des Herrn Jesus lesen wir nichts von einer Umgestaltung. Was aber lesen wir in den Aposteltaten?

Ihr aber werdet Kraft für euch nehmen, wenn der HEILIGE GEIST auf euch kommt, und ihr werdet mir Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis zum Entlegensten der Erde! Und nachdem er dies erklärt hatte, wurde er, während sie es sahen, emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen.

Die Taten der Apostel, Kapitel 1, Vers 8 – 9

Genau so wird der auferstandene Christus wiederkommen, und zwar im Fleisch! Wenn wir keine klaren, eindeutigen Vorgaben im Wort Gottes haben, in der Lehre des zuverlässigen Wortes, dann ist es für Verführer leicht, ihr Werk zu treiben oder auch selbst irrezugehen. Rückbeziehend auf den Vers 8 der Aposteltaten aus dem ersten Kapitel sehen wir ein weiteres Beispiel der Möglichkeit, irregeleitet zu werden: »…, und ihr werdet mir Zeugen sein«, ist kein Befehl, sondern das Wort »Sein« steht hier in Futur Medium,  also was zukünftig sein wird, »werdet sein«.

Betrachten wir nun dazu den Vers 19 aus dem Matthäusevangelium Kapitel 28, der allgemein als »der Sendebefehl des Herrn« bezeichnet wird, so finden wir hier die Übereinstimmung bezüglich dieser Aussage: Es gibt keinen allgemeinen Sendebefehl; denn wir lesen in der Schrift:

πορευθέντες οὖν μαθητεύσατε πάντα τὰ ἔθνη, βαπτίζοντες αὐτοὺς εἰς τὸ ὄνομα τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ καὶ τοῦ Ἁγίου Πνεύματος

Nachdem ihr also auf den Weg gebracht wurdet, macht zu Schülern alle Nationen, dadurch dass ihr sie eintaucht auf den Namen des VATERS und des SOHNES und des HEILIGEN GEISTES, indem ihr sie lehrt, alles zu bewahren, was ich euch auftrug! Und seht doch, ichbin mit euch alleTage bis zur Vollendung des Zeitalters! Amen.

Evangelium durch Matthäus, Kapitel 28, Vers 19 – 20

Das erste Wort in dem Vers 19 heißt »πορευθέντες«, gesprochen »porevthentes«; es steht im altgriechischen Grundtext als Partizip Aorist Passiv, also ein Partizip der Vergangenheit im Passiv. Bei der Auflösung des Partizips sind zwar verschiedene Aussprüche möglich, aber es bleibt immer ein Partizip und daraus leitet sich kein Imperativ ab, es ist also keine Befehlsform; und es wird auch kein Präsens, und man darf nicht übersehen, dass es in der passiven Form steht. So lautet die Übersetzung also nicht, »geht hin« sondern eben »nachdem ihr auf den Weg gebracht wurdet«. Der Befehl wird in dem »macht zu Schülern alle Nationen« ausgedrückt, aber nicht in der »Sendung«.  Im Gegenteil, wir sehen hier durch die passive Form ausgedrückt, dass es nicht in eigner Kraft gehen wird, sondern mithilfe des Handeln Gottes, in der Kraft des Heiligen Geistes.

Betrachten wir dazu die Praxis der Apostel, so finden wir nicht nur die Bestätigung im Vers 8 des ersten Kapitels, sondern ganz klar im Kapitel 13 Vers 2:

Während sie dann dem HERRN dienten und fasteten, sprach der GEIST, der HEILIGE: Sondert mir nun sowohl Barnabas als auch Saulus für das Werk aus, für das ich sie berufen habe! Nachdem sie dann gefastet und gebetet und ihnen die Hände aufgelegt hatten, verabschiedeten sie sie. Diese also, die von dem GEIST, dem HEILIGEN, ausgesandt waren, kamen nach Seleucia hinab, und von dort segelten sie nach Cypern ab.

Die Taten der Apostel, Kapitel 13, Vers 2

Wir finden also keinen »allgemeinen Sendebefehl« sondern im Gegenteil, einen direkten, ganz spezifischen, und sie wurden ausdrücklich vom Heiligen Geist ausgesandt. Und so befremdet uns auch nicht das Verhalten der Apostel.

Saulus aber hatte seiner Ermordung mit beigestimmt. An jenemTag aber entstand eine große Verfolgung gegen die Gemeinde, die in Jerusalem ist; und alle wurden in die Gegenden von Judäa und Samaria hinab zerstreut, abgesehen von den Aposteln.

Die Taten der Apostel, Kapitel 8, Vers 1

Die Apostel wurden nicht zerstreut und aufgrund der Geschehnisse sahen sie sich auch trotzdem nicht dazu veranlasst, sich aufzumachen. Im Gegenteil, wir lesen dazu im selben Kapitel Vers 4, dass ganz andere gingen und verkündigten: 

Die also, die zerstreut wurden, zogen hin, um das Wort als gute Nachricht zu bringen.

Die Taten der Apostel, Kapitel 8, Vers 4

Am Verhalten der Brüder lernen wir beim Studieren der Heiligen Schrift, wie Gott redet und wirkt; denn er hat den Heiligen Geist gesandt, um uns zu leiten, zu führen, zu helfen. Wir ziehen nicht eigenmächtig oder aufgrund eines Gefühls, etwas großes für Gott tun zu wollen, einfach in ein fernes Land, lassen die Familie zurück mit Frau und Kindern, Haus und Hof, um dann für Gott zum Entlegensten der Erde zu ziehen.

Solches Tun wird aber beflügelt, wenn eine Übersetzung nicht eindeutig ist, nicht klar ist, und die Geschwister nicht in der Lehre des zuverlässigen Wortes belehrt werden. So manche Familie hat das erleben müssen, wo der Bruder im vermeintlich treuen Glauben auszog, um Gott von ganzem Herzen dienen zu wollen, was aber in seinem Fall nicht nach dem Willen Gottes war. Es kommt also auf die Zuverlässigkeit des Wortes an, um sich dann auch darauf berufen zu können.

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